Jede Zeile hat ein eigenes Licht, eine eigene Stimmung, aufgenommen zu unterschiedlichen Tageszeiten bei unterschiedlichem Wetter, unterwegs!
Momentaufnahmen, zusammengestellt wie Noten zu einem Lied, oder Wörter zu einem Gedicht.
Wenn ich auf Reisen bin, nehme ich eine analoge Kamera mit, die ich seinerzeit von meinem Vater geschenkt bekam, der mit ihr selber viele Jahre fotografiert hat.
Weil ich für ein Bild viele Fotos brauche, bin ich nicht kleinlich mit den Filmen und meist habe ich weniger Ausschuss als gedacht.
Im Gegensatz zur digitalen Fotografie sehe ich erst, was ich abgelichtet habe, wenn ich die Bilder vom Entwickeln abhole. Die Selektion findet also deutlich später als der Prozess des Fotografierens statt, und es gibt zufällige Elemente, wie eine Farbverschiebung, eine Blässe, eine ungewollte Reflektion.
Ich verzichte bei den Fotos darauf digital nachzuarbeiten und die Ergebnisse zielgerichtet zu verändern, weil die Zufälligkeiten wie ein unerwartetes Geschenk sind.
Aus-dem-Fenster-Schauen ist eine meditative Tätigkeit. Im Zusammenhang mit der Motivsuche ist sie jedoch mitunter aufregend. Jede Baumreihe soll mir zur Verfügung stehen als Faden in meinem Bildgewebe. Unterschiede und Gleichheiten zeigen sich sowohl in den einzelnen Reihen als auch in den zusammengestellten Bildern.
Gewohnte Maßstäbe verschieben sich. Die kindliche Freude über einen banalen Ausblick, der sich von Sekunde zu Sekunde verändert, erhebt das Unterwegs-Sein zum Selbstzweck. Sonnenuntergang oder Nebel, beides wird mir gleich lieb in seiner eigenen poetischen Wirkung.
Die Idee zu dieser Serie kam mir, als ich vor vielen Jahren an der Nordseeküste war. Die windschiefen Bäume hatten aus der Ferne die Anmutung einer in die Landschaft gesetzten Handschrift. Bezaubert von diesem Bild machte ich einige Fotos und stellte sie so zusammen, dass sie die Anmutung eines Briefes hatten.
Einige Jahre hatte ich es dabei belassen, diese Idee aber immer im Kopf behalten.
Ich kaufe immer wieder Analogfilme und sammele Bilder von verschiedenen Fahrten zu unterschiedlichen Orten und Jahreszeiten. Aus den entwickelten Bildern schneide ich den für mich interessanten Teil heraus und ordne die Steifen nach keinem besonderen System.
Es geht mir nicht um die Fixierung des Raums im Sinne einer exakten Landschaftstopografie.
In der Wiederholung des vermeintlich Gleichen (Baumreihen, Grünstreifen, Horizontlinien etc.), durch Verwischungen und Verwackelungen und zuletzt durch die Anordnung untereinander, wird das Flüchtige des Erinnerns thematisiert. Aus der Masse der wahrgenommenen und festgehaltenen Bilder während einer Reise entsteht in der Schichtung letztlich das imaginierte Muster eines Einzelbildes bzw. das einer universellen Erinnerung von Landschaft und Bewegung.